
"When I was still a
kitten/daddy told me, Son/There’s just one thing that you should know/[…]/Just
take this little suitcase when you go." Im
Verbund mit Paddy Moloney
(Whistle), Mike Seeger (Banjo, Fiddle), Joachim Cooder (Drums) und
Roland White (2. Gesangsstimme) begibt sich Ry
Cooder auf die große Reise und erzählt eine Parabel der Katze Buddy,
die sich
mit einer Maus anfreundet und auf so unangenehme Zeitgenossen wie J.
Edgar
[Hoover; Anm.] trifft, einem fetten Ungustl von Schwein. Eine Reise
durch Zeit und Raum: "Let's join Buddy Red Cat, Lefty Mouse, and
Reverend Tom Toad as they
journey through time and space in the days of labor, big bosses, farm
failures, strikes, company cops, sundown towns, hobos and trains... the
America of yesteryear." Auf dem Cover von "My
Name Is Buddy" steht ganz bescheiden geschrieben, dass es sich um
"another
record by Ry Cooder" handle, was seit den 1980er Jahren in erster Linie
eines bedeutete:
Filmmusik. 1988 erschien zwar mit "Get Rhythm" sein letztes reguläres
Album, dann war aber erstmals für lange, sehr lange, Zeit Pause.
Seither
wurde quasi ein zweites "Get Rhythm" gefordert, und mit jedem Jahr, das
verstrich, sank die Hoffnung. Erste leichte Hoffnung auf Änderung versprach das
Album "Chávez Ravine" im Jahr 2005, und tatsächlich: Mit "My Name Is Buddy" veröffentlicht
Ry Cooder ein Album, das sich musikalisch an seine Großtaten früher Alben
erinnert, also an "Into The Purple Valley", "Boomer’s Story" (beide 1972), "Paradise
& Lunch" (1974), "Chicken Skin Music" (1976), "Jazz" (1978), sowie seinem
ersten Soundtrack "The Long Riders" (1980) und nicht zuletzt eben (zumindest ansatzweise) "Get Rhythm"
(1988).
Ry Cooder singt! In den 1970er und 1980er Jahren schälte Cooder vergessene oder zumindest rare Traditionals hervor, rief diese ins Bewusstsein zurück, schrieb selbst aber kaum Lieder. Nun, in die Jahre gekommen, greift er stilistisch erneut auf diese vergessenen Weisheiten zurück mit dem Unterschied, dass er (wie Bob Dylan und Tom Waits) daraus eigene Lieder macht. Siebzehn Lieder, davon 15 neue Cooder-Lieder und 2 Traditionals, bei 16 singt Ry Cooder (bei einem das Blues-Power-Gesangsduo Terry Evans und Bobby King), bei einem Lied singt Ry Cooder ohne sich dabei auf der Gitarre zu begleiten. Seine Mitmusiker auf dem Album hören auf folgende Namen: Mike Seeger, Pete Seeger (!), Jim Keltner, Joachim Cooder, Flaco Jimenez (!), Van Dyke Parks, Jacky Terrasson, Paddy Moloney (The Chieftaines), Jon Hassell, Bobby King, Terry Evans und einigen mehr. Soweit die Fakten zu einem in mehrerer Hinsicht außergewöhnlichen Album, das letzten Endes ebenfalls Filmmusik ist, allerdings eine ohne dazugehörenden Film, also anders formuliert: Ry Cooder legt ein beinhartes Konzeptalbum vor. Er, der nicht unbedingt zu den großen Geschichtenerzählern in der Musikhistorie zählt rollt in dieser wundersamen Reiseerzählung wie so nebenbei im bereits erwähnten Lied "J. Edgar" die Kommunistenhetze des gefürchteten FBI-Gründers auf – begleitet wird Ry Cooder dabei übrigens von Pete Seeger, der in den 1950er Jahren auf die schwarze Liste gesetzt wurde – er singt über Hank Williams ("To you he’s just a legend now/to me he’s still a friend"), und er walzt sich mit Flaco Jimenez durch das fulminante "Christmas In Southgate", die ewigen Textzeilen "I ain’t never been much of a churchgoing man/But I’d even give up drinking whiskey and gin/If Jesus and Santa Claus ever get back down to Southgate again" intonierend. Jedes Lied ein Kapitel Ein prachtvolles Booklet ergänzt die sensationelle Musik, wobei jedes Lied als eigenes Kapitel illustriert dargelegt und – ebenfalls in Form einer Parabel - näher beschrieben wird. Musikalisch reizt Cooder seine Quellen aus, legt dabei den Schwerpunkt auf Country, geht aber bis in den Jazz hinein, und natürlich in den Blues, in den Polka, vergisst auch nicht auf TexMex, spürt die Tiefen der Folk-Roots auf und schreckt auch nicht vor experimentellen Folk-Country-Exkursen eines Tom Waits zurück. Seine Gitarrenläufe sind vielleicht noch zurückhaltender wie früher, aber nicht weniger wesentlich, im Gegenteil, geradezu majestätisch, sein Gesang hält nicht alle Töne stand, aber das macht nix. Cooder ist hier in seinem ureigensten Element und in Hochform. "My Name Is Buddy" ist ein Album über längst vergangene Zeiten, aber man darf sich nicht täuschen lassen, dass Cooder Begriffe und Namen vergangener Tage nennt, wenn es ins politisch gemachte geht. Die Zeiten, wir wissen es alle, sind zynisch und um nichts besser. Hoover ist tot, aber sein Geist lebt leider noch immer. Cooder greift hier ein heißes Eisen auf, metaphorisch verschränkt und mit einer enormen Textintelligenz. Vermutlich das Album des Jahres 2007. (Manfred Horak)
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