
Ein von Lockerheit geprägtes Gastspiel absolvierte das Roland Neuwirth
Trio am 7. August 2007 im überfüllten Theater am
Spittelberg. Der rote Faden des Programms Wien g’spürn
bestand aus Liedern zum Thema Wein unter besonderer Berücksichtigung einiger eleganter
Seitenhiebe Richtung Parteien – von den Bezirksdominanten Grünen bis hin zu
Schwarz, Rot und den blau-orangen Rechten. Der Meister an der Kontragitarre, flankiert
von seinen kongenialen Partnern Doris Windhager, "the golden voice from Hernois",
die mit ihrer unnachahmlichen Stimme seit etlichen Jahren zu den besten
Sängerinnen des Landes zählt, und – so Neuwirth – "dem besten
Knöpferlharmonika-Spieler Wiens", Marko Zivadinovic, war also in Geberlaune, hat
eing’schenkt und ausgeteilt. Einige alte Neuwirth-Lieder wie "Ein echtes Wienerlied" und "Mia san
die Türstöck' z'niader", letzteres mit den ewigen Worten "Oben eine rinnt des Vier’l/unten
raus beim Hosentürl/siechst, des is da Lauf da Wöd/ollas aund’re is nua g’stöt", ausgestattet
– und beide aus seinem (nicht mehr erhältlichen) Album Alles is hin – zählten
zweifellos zu den Höhepunkten des Konzertabends, so wie die feinen Live-Darbietungen
von "Lieber Zeitgenosse" und "An schenan Traum" aus dem grandiosen Album Nr. 9 - Die Pathologische.
Wo der Mississippi in die Donau mündet
Ein Freak an der Chromatischen
Knopfharmonika "mit sprühendem Spielwitz, stupender Virtuosität sowie
unbefangenen Energie", wie man auf der Webseite von den Extremschrammeln
nachlesen kann – und diese Wortwahl ist keineswegs übertrieben -, ist Marko Zivadinovic. Sein Spiel nimmt einen gefangen,
derart, dass sich Roland
Neuwirth mit Soli weitestgehend zurückhielt, und Marko Z. den
Vortritt ließ. In welche Sphären er uns immer brachte, es war eine quasi
Befreiung, eine Schrammelstoffzufuhr, gespeist irgendwo an der urwienerisch-balkanischen
Schnittstelle Mississippi-Donau. Man versank und verlor sich darin, und wurde immer
sicher zurück ans Land gebracht. Herausragend – wenn nicht sogar ultimativ - in "Knapp vorbei" aus dem Album "Wien g’spürn". Aber auch wenn Zivadinovic nicht
solierte holte er unglaubliche Stimmungsbilder
hervor. Stimmungsbilder
unterschiedlichster Art und Prägung gab es auch, als Roland Neuwirth aus dem Buch Die
besten U-Bahn Gstanzln ein paar Verse zum Besten gab, z.B. jenen vom Kollegium
Kalksburger Vincenz Wizlsperger, "Ob Fahrschein, ob Vier’l/es hat ois seinen
Preis:/Fahrn tua i liawa schwoaz/owa saufn nur weiß", oder jenen von Helmut
Werner, "sie speim do am bahnsteig?/sagn’s wia kumm i ma vua?/i woit eh in
waggon speim/aber die tian woan scho zua", und noch einige andere mehr, bevor
Neuwirth und Zivadinovic im Gstanzl-Groove abfuhren. Ein Bilderbuchabend. (Text:
Manfred Horak; Fotos: Dietmar Lipkovich)
Link-Tipps:
Die besten U-Bahn Gstanzln (Böhlau Verlag; 2006)
Interview mit Roland
Neuwirth
Fotogalerie zum Konzert auf Gib-mir-Musik.at
HP von Extremschrammeln
Theater am Spittelberg