"Ein Lied wird sich erheben/Wenn das Großsegel eingeholt wird/Und das Boot zum Gestade treibt/Und die Sonne wird jedes/Gesicht an Deck
beachten/Zur Stunde, wenn das Schiff dann kommt", sang Bob Dylan in "When
the Ship comes in", einem Lied zur Überwindung der (politischen) Feinde, die begreifen, dass es ernst wird, wenn das Schiff erst einmal da ist: "Dann werden sie die Hände heben/Und sagen, wir erfüllen all eure Forderungen". Politik ist auch Thema der Linz
Europa Tour von Hubert von Goisern, der, nach kurzer, dafür umso heftigeren
Erkrankung, das Schiff wieder startklar machte und am 18. Juli 2008 im Hafen
von Stuttgart ein ungemein druckvolles Konzert zum Besten gab. Nachdem er von
Wien aus Richtung Osten, also zum Schwarzen Meer, schipperte und dort
Konzert-Erfahrungen machte, die zum Teil im Album "S'Nix", aber noch viel mehr
auf der DVD "Goisern goes East" verarbeitet wurden, steht nun die andere
Richtung am Programm – Deutschland, Niederlande und Belgien. Weg also von der
Improvisations-Tour im Osten, hin zur Bürokratie-Tour im Westen über Neckar und
Rhein bis zur Nordsee inklusive Abstecher auf belgische und holländische
Wasserstraßen. Und es geht schließlich auch zurück nach Linz, über Rhein,
Main, Rhein-Main-Donaukanal und Donau mit dem Finale in der Kulturhauptstadt Linz 09.
Der Hafen rockt
Das gesamte Team am Schiff ist längst eine
zusammengeschweißte Partie, und die Band spielt derart innig und befreit
miteinander, dass man mit Fug und Recht behaupten kann, die bisher beste
Live-Band von Hubert von Goisern gesehen und gehört zu haben. Ja, die Band, die
ist tatsächlich sensationell und besteht aus den Damen und Herren Maria Moling (Stimme und Perkussion), Elisabeth Schuen
(Stimme und Geige), Marlene Schuen (Stimme und Geige), Darinka Tsekova
(Gadulka), David Lackner (Keyboard), Alex Pohn (Schlagzeug), Helmut
Schartlmüller (Bass) und Severin Trogbacher (Gitarre). Nach dem alpinen
Einmarsch auf die Bühne rockt sich die Band durch das Lied "Showtime" vom
aktuellen Album und einmal im Rock angekommen, bleibt HvG dort auch die längste
Zeit. Die Lieder funken und sprühen nur so vor sich dahin, verwoben mit Eleganz
und Rauheit, mit Kanten und Ecken, tauchen jazzige Passagen ebenso auf wie
klassischer Gesang, alpiner Jodel, balkanische Momente
und allerlei Reggae affine Rhythmen, immer tänzelnd und offen für den Moment. Nach den Turbo-Druckschleusen minimiert sich
zwischendurch das Tempo, die Verschnaufpausen bringen sanft eingeglättet
Balladen aus dem reichhaltigen Repertoire von HvG, wie z.B. seine wohl
bekanntesten Balladen "Heast as nit" und "Weit, weit weg", aber auch Balladen
jüngeren Datums wie "Regen" und die verkaterte Jazz-Ballade "Fön".
Die dort und wir do
Vom Publikum am meisten bejubelt wurde HvG dann, wenn seine
Musik die österreichische Volksmusik abtastete und mit einbezog, der Sänger
seine Zieha umschnallte. Herausragend dabei "Weltuntergang" aus "S'Nix" und aus
dem 1994er-Album "omunduntn" sein Alpin-Kracher "oben und unten", immer noch
ein Ohrwurm par excellence. Ungemein lässig auch seine Adaption von Janis
Joplins "Mercedes Benz", das live etliche Grad heißer abgeht wie seine
Studio-Version auf "Fön". Und zwischen all diesen euphorisierenden, abgehobenen
Performances rückte, wie eingangs erwähnt, die politische Massage – äh, Message
– ins Bewusstsein der mehreren Tausend am Stuttgarter Hafen. HvG sprach und
erzählte Anekdoten von der Schiffstour Richtung Schwarzes Meer, von den Sorgen
und Ängsten der Bevölkerung, dass sie sich vor der EU fürchten und vor uns aus den
alten EU-Staaten, weil sie denken, dass wir ihnen noch das wenige, was sie
haben, wegnehmen werden. Er erzählte auch vom Beginn der Schiffstour durch den
Westen, und davon, dass sich die Leute in Deutschland vor denen im Osten
fürchten, dass ihnen der Wohlstand abhanden kommt. Und er, der Sänger von den
Nomaden auf neuen Pfaden, erzählte von der Bürokratie-Hörigkeit im Westen und
von der "Wird scho' geh'"-Mentalität im Osten und davon wie wichtig freie
Grenzen sind. Die Botschaft wird weiter getragen, von Hafen zu Hafen, von den
Botschaftern des Glaubens an das Gute. Imposante Tour. Unbedingt anschauen. (Text: Manfred
Horak; Fotos: Musik Kulturclub)
Link-Tipps:
Hubert von Goisern Tourplan
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